Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831).
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9783257228311 - Winter, Léon de: Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831). Taschenbucherstausgabe
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Winter, Léon de

Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831). Taschenbucherstausgabe (1999)

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Taschenbucherstausgabe 406 (8) Seiten. 18 cm. UmschlagIllustration: Max Beckmann "Quappi in Grau". Taschenbuch. Kartoniert. Sehr guter Zustand. Frisches Exemplar. Wie ungelesen. - Der Spiegel Leon, der Zwitter Leon de Winter sitzt in der Küche seines Hauses, hinter ihm läuft tonlos das Fernsehen, aus dem Radio vor ihm kommt Musik. Zu seinen Füßen schnarcht Senta, ein vier Monate alter Labrador, links und rechts neben Leon liegen Teigetje und Knorr, die Katzen. Aus dem Wohnzimmer gegenüber hört man lautstark seinen Sohn und seine Tochter, die sich nicht einigen können, welches Fernsehprogramm sie sehen wollen. „Ich kann nur so arbeiten“, sagt de Winter, „Stille macht mich verrückt, ich muss Leben um mich haben.“ Eigentlich müsste de Winter an seinem neuen Roman arbeiten, aber er kommt nicht dazu. Es ist zu viel los, das ihn umtreibt. Er schreibt eine wöchentliche Kolumne für das Nachrichtenmagazin „Elsevier“, und wenn eine Geschichte keinen Aufschub duldet, dann erscheint sie in „De Volkskrant“, einer linksliberalen Tageszeitung. De Winter weiß, dass er nicht nur gelesen, sondern auch ernst genommen wird. Als Ayaan Hirsi Ali, die aus Somalia stammende Abgeordnete, von der für Einwanderung und Integration zuständigen Ministerin Rita Verdonk ausgebürgert wurde, weil sie vor neun Jahren bei ihrer Einbürgerung ein wenig geschummelt und den Namen ihres Großvaters Ali als Familiennamen angegeben hatte, da setzte sich de Winter mit aller Kraft für die „schwarze Voltaire“ ein und griff die Ministerin als kleinlich, herzlos und hemmungslos populistisch an. „Sie wollte ein Exempel statuieren.“ Als Verdonk innerhalb einer Woche unter Druck des Parlaments und der Öffentlichkeit zurückruderte, da forderte de Winter den Rücktritt der Ministerin, die sich als inkompetent und überfordert erwiesen habe, „eine Gefahr für die Verfassung und die Demokratie“. Leon de Winter ist ein Zwitter. Geht es um aktuelle Fragen, agiert und reagiert er sofort. Für seine literarischen Arbeiten nimmt er sich dagegen Zeit, viel Zeit. An „Hoffmans Hunger“ hat er über zehn Jahre gearbeitet, nicht ununterbrochen, aber kontinuierlich. Den Anstoß zu dem Roman gab ein Artikel, den er 1980 in der „Zeit“ gelesen hatte: über Eltern, die Kinder verloren haben. Zugleich war da noch eine andere Idee, über einen „professionellen Außenseiter“, einen Mann, der sich nirgendwo wohl fühlt, der an keinem Ort lange bleiben kann, der exzessiv lebt und leidet, seit er zwei Kinder verloren hat – eine Tochter durch Krankheit, die andere durch Selbstmord. „Das klingt nicht wie der Plot für eine Komödie, ich wollte einen Thriller schreiben.“ Aber da war er erst 26 Jahre alt und „noch nicht reif für ein großes Werk“. Also schrieb er, so¬zusagen als Übung, einen kleinen Roman über ein katholisch-protestantisches Liebespaar in Nordirland, „Zoeken naar Eileen W.“, der noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. „Es ist mein einziges Buch ohne eine jüdische Thematik und ohne jüdische Charaktere.“ Sonst ist de Winters Personal jüdisch, und das hat einen einfachen Grund: „Ich bin Jude, also schreibe ich über Juden, wäre ich ein Pferd, würde ich über Pferde schreiben.“ Nach „Eileen“ schrieb de Winter eine Erzählung, „La place de la Bastille“, anschließend den Roman „Leo Kaplan“. Dann fühlte er sich „reif genug“, um „Hoffman“ anzugehen. „Der Titel stand von Anfang an fest, ich liebe Alliterationen.“ Zudem klang „Hoffmans Hunger“ wie der Name einer Krankheit, wie Parkinson’s oder Alzheimer’s Disease. „Ich wollte einen Mann beschreiben, der voller Wut auf die ganze Welt ist, der sich mit Gott anlegen würde, wenn es einen gäbe.“ De Winter ernannte Hoffman zu einem Berufsdiplomaten am Ende seiner Laufbahn, der für seine treuen Dienste mit einem Botschafterjob belohnt werden sollte, in Prag, „das damals ein vollkommen unwichtiger Posten war“. Hoffman trifft im Frühjahr 1989 in Prag ein, ohne zu ah¬nen, wie schnell und radikal sich die politische Situation ändern würde. Wie alle westlichen Diplomaten im Ostblock nimmt er Kontakt zu Dissidenten auf, besucht Partys und Empfänge, die übliche Routine. Die Tage vergehen schnell, nur die Nächte ziehen sich hin. Hoffman kann nicht schlafen, er findet ein Buch von Baruch de Spinoza, das ihn in eine ganz andere Welt entführt, und er stopft alles in sich hinein, was der Kühlschrank und die Vorratskammer hergeben, „ein schlafloser Alkoholiker mit chro¬nischem Hunger“. Leon de Winter hat für „Hoffman“ in Prag Material gesammelt, sich dann zum Schreiben nach Santa Monica in Ka¬lifornien zurückgezogen. Und während er über einen an Schlaflosigkeit und Fresssucht leidenden holländisch-jüdi¬schen Diplomaten in Prag fabulierte, der sich die Nächte mit der Lektüre von Spinoza vertrieb, öffnete sich der Eiserne Vorhang – nichts war mehr so, wie es vor einem halben Jahr noch auf ewig sicher schien. „Damit hatte ich nicht gerechnet. Was sollte ich tun?“ De Winter schaute beim Schreiben CNN und baute das, was in der Welt passierte, in seine Geschichte ein. So wurde „Hoffmans Hunger“ der erste Roman, der vor dem Hintergrund der Zeitenwende spielt. „Ich glaubte damals, wie Fukuyama und viele andere, an das Ende der Geschichte. Heute wissen wir, wie sehr wir uns getäuscht haben.“ Anfang 1990 kehrte de Winter nach Holland zurück. Die holländische Ausgabe von „Hoffmans Hunger“ erschien im Mai 1990. De Winter war glücklich, er wusste, dass ihm ein Buch gelungen war, „das sich in der Welt behaupten“ würde. Aber er musste einen Preis zahlen, der folgenreicher war als jeder Verriss, den er riskierte. Seine Freundin gab ihm den Laufpass. „Sie sagte, ich würde das Buch mehr lieben als sie. Und sie hatte Recht. Aber ich hatte keine Wahl. Ich musste mich mit Hoffman identifizieren, sonst hätte ich das Buch nicht schreiben können.“ Er habe beim Schreiben geheult und geweint und am Ende nicht mehr gewusst, ob de Winter über Hoffman schreibt oder Hoffman über de Winter. „Ich konnte mich nicht von ihm trennen, ich hätte gerne weitergeschrieben. Ich wollte ihm helfen und ihn trösten. Ich war überwältigt von meiner eigenen Erfindung.“ Der nächste Schlag kam bei der Party, die der Verlag zum Erscheinen des Buches gab. Es wurde Champagner serviert, etwas, das man in Holland nicht tut. „Bei uns trinkt man Wein aus dem Supermarkt und knabbert trockene Kekse. Alles andere ist suspekt.“ Einer der wichtigsten holländischen Kritiker kam auf de Winter zu und sagte: „Ein Buch, das so vorgestellt werden muss, kann kein gutes Buch sein.“ Und so war auch seine Rezension. „Aber die Party war phantastisch.“ Im Gegensatz zu vielen Schriftstellern, die den Wohlstand verachten, schätzt de Winter die Annehmlichkeiten des guten Lebens. „Ich muss nicht in die Gosse steigen, um über die Gosse zu schreiben. Ich ziehe es vor, auf meinem bequemen Sofa zu sitzen und von da über die Gosse zu schreiben.“ Natürlich habe er für „Hoffmans Hunger“ ausgiebig recherchiert, die Orte der Handlung besucht, sich mit Spinoza beschäftigt, mit Berufsdiplomaten gesprochen und Studien über Fresssucht gelesen. Aber wenn die Recherchen beendet sind, kommt es nur noch auf eines an: die Imagination des Dichters. De Winters Stärke liegt in der Synthese des Faktischen mit dem Phantastischen. Seine Romane sind Alltagsgeschichten von hoher Komplexität, verwirrend wie das Leben, aber doch einfach wie die Energieformel von Einstein. „Hoffmans Hunger“ ist ein Thriller, ein philosophisches Traktat, ein jüdisches Melodram, eine traurige Familiengeschichte und eine Betrach¬tung über das 20.?Jahrhundert mit allen seinen Unfällen und Grausamkeiten. „Dieses Jahrhundert muss weg“, sagt Hoffman ganz am Ende, „ich will es sterben sehen. Das ist die einzige Art, es ihm noch ein bisschen heimzuzahlen. Wir haben es überlebt, und jetzt wollen wir es auch begraben.“ Kritiker halten „Hoffmans Hunger“ für de Winters bestes Buch. Er selbst möchte sich nicht festlegen. „Natürlich ist es ein gutes Buch, es ist sogar ein exzellentes Buch. Aber mein bestes Buch ist es nicht. Es ist nicht besser als ‚Sokolows Universum’ oder ‚Zionoco’ und nicht schlechter als ‚SuperTex’ oder ‚Malibu’. Ich bin erst 52, und ich fange grade an. Das beste Buch ist das, an dem ich gerade schreibe.“ Senta, der Labrador, ist aufgewacht. Teigetje und Knorr verlassen die Küche durch die Türklappe. De Winters Kinder schauen sich gemeinsam Video-Clips auf MTV an. Das Radio meldet, Rita Verdonk denke nicht daran zurückzutreten, im Fernsehen kommt lautlos ein Tief über den Niederlanden an. Leon de Winter legt eine Pause ein. So viel Stille macht ihn nervös. Nachwort von Henryk M. Broder zu Hoffmans Hunger. Versand D: 2,60 EUR Wiedervereinigung, Geheimagenten, Spionageromane, Niederländische Literatur des 20. Jahrhunderts, Niederlande, Holländische Literatur, Holland, Angelegt am: 04.08.2022.
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406 (8) Seiten. 18 cm. UmschlagIllustration: Max Beckmann "Quappi in Grau". Sehr guter Zustand. Frisches Exemplar. Wie ungelesen. - Der Spiegel Leon, der Zwitter Leon de Winter sitzt in der Küche seines Hauses, hinter ihm läuft tonlos das Fernsehen, aus dem Radio vor ihm kommt Musik. Zu seinen Füßen schnarcht Senta, ein vier Monate alter Labrador, links und rechts neben Leon liegen Teigetje und Knorr, die Katzen. Aus dem Wohnzimmer gegenüber hört man lautstark seinen Sohn und seine Tochter, die sich nicht einigen können, welches Fernsehprogramm sie sehen wollen. „Ich kann nur so arbeiten", sagt de Winter, „Stille macht mich verrückt, ich muss Leben um mich haben." Eigentlich müsste de Winter an seinem neuen Roman arbeiten, aber er kommt nicht dazu. Es ist zu viel los, das ihn umtreibt. Er schreibt eine wöchentliche Kolumne für das Nachrichtenmagazin „Elsevier", und wenn eine Geschichte keinen Aufschub duldet, dann erscheint sie in „De Volkskrant", einer linksliberalen Tageszeitung. De Winter weiß, dass er nicht nur gelesen, sondern auch ernst genommen wird. Als Ayaan Hirsi Ali, die aus Somalia stammende Abgeordnete, von der für Einwanderung und Integration zuständigen Ministerin Rita Verdonk ausgebürgert wurde, weil sie vor neun Jahren bei ihrer Einbürgerung ein wenig geschummelt und den Namen ihres Großvaters Ali als Familiennamen angegeben hatte, da setzte sich de Winter mit aller Kraft für die „schwarze Voltaire" ein und griff die Ministerin als kleinlich, herzlos und hemmungslos populistisch an. „Sie wollte ein Exempel statuieren." Als Verdonk innerhalb einer Woche unter Druck des Parlaments und der Öffentlichkeit zurückruderte, da forderte de Winter den Rücktritt der Ministerin, die sich als inkompetent und überfordert erwiesen habe, „eine Gefahr für die Verfassung und die Demokratie". Leon de Winter ist ein Zwitter. Geht es um aktuelle Fragen, agiert und reagiert er sofort. Für seine literarischen Arbeiten nimmt er sich dagegen Zeit, viel Zeit. An „Hoffmans Hunger" hat er über zehn Jahre gearbeitet, nicht ununterbrochen, aber kontinuierlich. Den Anstoß zu dem Roman gab ein Artikel, den er 1980 in der „Zeit" gelesen hatte: über Eltern, die Kinder verloren haben. Zugleich war da noch eine andere Idee, über einen „professionellen Außenseiter", einen Mann, der sich nirgendwo wohl fühlt, der an keinem Ort lange bleiben kann, der exzessiv lebt und leidet, seit er zwei Kinder verloren hat – eine Tochter durch Krankheit, die andere durch Selbstmord. „Das klingt nicht wie der Plot für eine Komödie, ich wollte einen Thriller schreiben." Aber da war er erst 26 Jahre alt und „noch nicht reif für ein großes Werk". Also schrieb er, so zusagen als Übung, einen kleinen Roman über ein katholisch-protestantisches Liebespaar in Nordirland, „Zoeken naar Eileen W.", der noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. „Es ist mein einziges Buch ohne eine jüdische Thematik und ohne jüdische Charaktere." Sonst ist de Winters Personal jüdisch, und das hat einen einfachen Grund: „Ich bin Jude, also schreibe ich über Juden, wäre ich ein Pferd, würde ich über Pferde schreiben." Nach „Eileen" schrieb de Winter eine Erzählung, „La place de la Bastille", anschließend den Roman „Leo Kaplan". Dann fühlte er sich „reif genug", um „Hoffman" anzugehen. „Der Titel stand von Anfang an fest, ich liebe Alliterationen." Zudem klang „Hoffmans Hunger" wie der Name einer Krankheit, wie Parkinson´s oder Alzheimer´s Disease. „Ich wollte einen Mann beschreiben, der voller Wut auf die ganze Welt ist, der sich mit Gott anlegen würde, wenn es einen gäbe." De Winter ernannte Hoffman zu einem Berufsdiplomaten am Ende seiner Laufbahn, der für seine treuen Dienste mit einem Botschafterjob belohnt werden sollte, in Prag, „das damals ein vollkommen unwichtiger Posten war". Hoffman trifft im Frühjahr 1989 in Prag ein, ohne zu ah nen, wie schnell und radikal sich die politische Situation ändern würde. Wie alle westlichen Diplomaten im Ostblock nimmt er Kontakt zu Dissidenten auf, besucht Partys und Empfänge, die übliche Routine. Die Tage vergehen schnell, nur die Nächte ziehen sich hin. Hoffman kann nicht schlafen, er findet ein Buch von Baruch de Spinoza, das ihn in eine ganz andere Welt entführt, und er stopft alles in sich hinein, was der Kühlschrank und die Vorratskammer hergeben, „ein schlafloser Alkoholiker mit chro nischem Hunger". Leon de Winter hat für „Hoffman" in Prag Material gesammelt, sich dann zum Schreiben nach Santa Monica in Ka lifornien zurückgezogen. Und während er über einen an Schlaflosigkeit und Fresssucht leidenden holländisch-jüdi schen Diplomaten in Prag fabulierte, der sich die Nächte mit der Lektüre von Spinoza vertrieb, öffnete sich der Eiserne Vorhang – nichts war mehr so, wie es vor einem halben Jahr noch auf ewig sicher schien. „Damit hatte ich nicht gerechnet. Was sollte ich tun?" De Winter schaute beim Schreiben CNN und baute das, was in der Welt passierte, in seine Geschichte ein. So wurde „Hoffmans Hunger" der erste Roman, der vor dem Hintergrund der Zeitenwende spielt. „Ich glaubte damals, wie Fukuyama und viele andere, an das Ende der Geschichte. Heute wissen wir, wie sehr wir uns getäuscht haben." Anfang 1990 kehrte de Winter nach Holland zurück. Die holländische Ausgabe von „Hoffmans Hunger" erschien im Mai 1990. De Winter war glücklich, er wusste, dass ihm ein Buch gelungen war, „das sich in der Welt behaupten" würde. Aber er musste einen Preis zahlen, der folgenreicher war als jeder Verriss, den er riskierte. Seine Freundin gab ihm den Laufpass. „Sie sagte, ich würde das Buch mehr lieben als sie. Und sie hatte Recht. Aber ich hatte keine Wahl. Ich musste mich mit Hoffman identifizieren, sonst hätte ich das Buch nicht schreiben können." Er habe beim Schreiben geheult und geweint und am Ende nicht mehr gewusst, ob de Winter über Hoffman schreibt oder Hoffman über de Winter. „Ich konnte mich nicht von ihm trennen, ich hätte gerne weitergeschrieben. Ich wollte ihm helfen und ihn trösten. Ich war überwäl, Books.
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9783257228311 - Winter, Léon de: Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831).
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Winter, Léon de

Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831). (1999)

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406 (8) Seiten. 18 cm. UmschlagIllustration: Max Beckmann "Quappi in Grau". Taschenbuch. Kartoniert. Sehr guter Zustand. Frisches Exemplar. Wie ungelesen. - Der Spiegel Leon, der Zwitter Leon de Winter sitzt in der Küche seines Hauses, hinter ihm läuft tonlos das Fernsehen, aus dem Radio vor ihm kommt Musik. Zu seinen Füßen schnarcht Senta, ein vier Monate alter Labrador, links und rechts neben Leon liegen Teigetje und Knorr, die Katzen. Aus dem Wohnzimmer gegenüber hört man lautstark seinen Sohn und seine Tochter, die sich nicht einigen können, welches Fernsehprogramm sie sehen wollen. „Ich kann nur so arbeiten“, sagt de Winter, „Stille macht mich verrückt, ich muss Leben um mich haben.“ Eigentlich müsste de Winter an seinem neuen Roman arbeiten, aber er kommt nicht dazu. Es ist zu viel los, das ihn umtreibt. Er schreibt eine wöchentliche Kolumne für das Nachrichtenmagazin „Elsevier“, und wenn eine Geschichte keinen Aufschub duldet, dann erscheint sie in „De Volkskrant“, einer linksliberalen Tageszeitung. De Winter weiß, dass er nicht nur gelesen, sondern auch ernst genommen wird. Als Ayaan Hirsi Ali, die aus Somalia stammende Abgeordnete, von der für Einwanderung und Integration zuständigen Ministerin Rita Verdonk ausgebürgert wurde, weil sie vor neun Jahren bei ihrer Einbürgerung ein wenig geschummelt und den Namen ihres Großvaters Ali als Familiennamen angegeben hatte, da setzte sich de Winter mit aller Kraft für die „schwarze Voltaire“ ein und griff die Ministerin als kleinlich, herzlos und hemmungslos populistisch an. „Sie wollte ein Exempel statuieren.“ Als Verdonk innerhalb einer Woche unter Druck des Parlaments und der Öffentlichkeit zurückruderte, da forderte de Winter den Rücktritt der Ministerin, die sich als inkompetent und überfordert erwiesen habe, „eine Gefahr für die Verfassung und die Demokratie“. Leon de Winter ist ein Zwitter. Geht es um aktuelle Fragen, agiert und reagiert er sofort. Für seine literarischen Arbeiten nimmt er sich dagegen Zeit, viel Zeit. An „Hoffmans Hunger“ hat er über zehn Jahre gearbeitet, nicht ununterbrochen, aber kontinuierlich. Den Anstoß zu dem Roman gab ein Artikel, den er 1980 in der „Zeit“ gelesen hatte: über Eltern, die Kinder verloren haben. Zugleich war da noch eine andere Idee, über einen „professionellen Außenseiter“, einen Mann, der sich nirgendwo wohl fühlt, der an keinem Ort lange bleiben kann, der exzessiv lebt und leidet, seit er zwei Kinder verloren hat – eine Tochter durch Krankheit, die andere durch Selbstmord. „Das klingt nicht wie der Plot für eine Komödie, ich wollte einen Thriller schreiben.“ Aber da war er erst 26 Jahre alt und „noch nicht reif für ein großes Werk“. Also schrieb er, so¬zusagen als Übung, einen kleinen Roman über ein katholisch-protestantisches Liebespaar in Nordirland, „Zoeken naar Eileen W.“, der noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. „Es ist mein einziges Buch ohne eine jüdische Thematik und ohne jüdische Charaktere.“ Sonst ist de Winters Personal jüdisch, und das hat einen einfachen Grund: „Ich bin Jude, also schreibe ich über Juden, wäre ich ein Pferd, würde ich über Pferde schreiben.“ Nach „Eileen“ schrieb de Winter eine Erzählung, „La place de la Bastille“, anschließend den Roman „Leo Kaplan“. Dann fühlte er sich „reif genug“, um „Hoffman“ anzugehen. „Der Titel stand von Anfang an fest, ich liebe Alliterationen.“ Zudem klang „Hoffmans Hunger“ wie der Name einer Krankheit, wie Parkinson´s oder Alzheimer´s Disease. „Ich wollte einen Mann beschreiben, der voller Wut auf die ganze Welt ist, der sich mit Gott anlegen würde, wenn es einen gäbe.“ De Winter ernannte Hoffman zu einem Berufsdiplomaten am Ende seiner Laufbahn, der für seine treuen Dienste mit einem Botschafterjob belohnt werden sollte, in Prag, „das damals ein vollkommen unwichtiger Posten war“. Hoffman trifft im Frühjahr 1989 in Prag ein, ohne zu ah¬nen, wie schnell und radikal sich die politische Situation ändern würde. Wie alle westlichen Diplomaten im Ostblock nimmt er Kontakt zu Dissidenten auf, besucht Partys und Empfänge, die übliche Routine. Die Tage vergehen schnell, nur die Nächte ziehen sich hin. Hoffman kann nicht schlafen, er findet ein Buch von Baruch de Spinoza, das ihn in eine ganz andere Welt entführt, und er stopft alles in sich hinein, was der Kühlschrank und die Vorratskammer hergeben, „ein schlafloser Alkoholiker mit chro¬nischem Hunger“. Leon de Winter hat für „Hoffman“ in Prag Material gesammelt, sich dann zum Schreiben nach Santa Monica in Ka¬lifornien zurückgezogen. Und während er über einen an Schlaflosigkeit und Fresssucht leidenden holländisch-jüdi¬schen Diplomaten in Prag fabulierte, der sich die Nächte mit der Lektüre von Spinoza vertrieb, öffnete sich der Eiserne Vorhang – nichts war mehr so, wie es vor einem halben Jahr noch auf ewig sicher schien. „Damit hatte ich nicht gerechnet. Was sollte ich tun?“ De Winter schaute beim Schreiben CNN und baute das, was in der Welt passierte, in seine Geschichte ein. So wurde „Hoffmans Hunger“ der erste Roman, der vor dem Hintergrund der Zeitenwende spielt. „Ich glaubte damals, wie Fukuyama und viele andere, an das Ende der Geschichte. Heute wissen wir, wie sehr wir uns getäuscht haben.“ Anfang 1990 kehrte de Winter nach Holland zurück. Die holländische Ausgabe von „Hoffmans Hunger“ erschien im Mai 1990. De Winter war glücklich, er wusste, dass ihm ein Buch gelungen war, „das sich in der Welt behaupten“ würde. Aber er musste einen Preis zahlen, der folgenreicher war als jeder Verriss, den er riskierte. Seine Freundin gab ihm den Laufpass. „Sie sagte, ich würde das Buch mehr lieben als sie. Und sie hatte Recht. Aber ich hatte keine Wahl. Ich musste mich mit Hoffman identifizieren, sonst hätte ich das Buch nicht schreiben können.“ Er habe beim Schreiben geheult und geweint und am Ende nicht mehr gewusst, ob de Winter über Hoffman schreibt oder Hoffman über de Winter. „Ich konnte mich nicht von ihm trennen, ich hätte gerne weitergeschrieben. Ich wollte ihm helfen und ihn trösten. Ich war überwältigt von meiner eigenen Erfindung.“ Der nächste Schlag kam bei der Party, die der Verlag zum Erscheinen des Buches gab. Es wurde Champagner serviert, etwas, das man in Holland nicht tut. „Bei uns trinkt man Wein aus dem Supermarkt und knabbert trockene Kekse. Alles andere ist suspekt.“ Einer der wichtigsten holländischen Kritiker kam auf de Winter zu und sagte: „Ein Buch, das so vorgestellt werden muss, kann kein gutes Buch sein.“ Und so war auch seine Rezension. „Aber die Party war phantastisch.“ Im Gegensatz zu vielen Schriftstellern, die den Wohlstand verachten, schätzt de Winter die Annehmlichkeiten des guten Lebens. „Ich muss nicht in die Gosse steigen, um über die Gosse zu schreiben. Ich ziehe es vor, auf meinem bequemen Sofa zu sitzen und von da über die Gosse zu schreiben.“ Natürlich habe er für „Hoffmans Hunger“ ausgiebig recherchiert, die Orte der Handlung besucht, sich mit Spinoza beschäftigt, mit Berufsdiplomaten gesprochen und Studien über Fresssucht gelesen. Aber wenn die Recherchen beendet sind, kommt es nur noch auf eines an: die Imagination des Dichters. De Winters Stärke liegt in der Synthese des Faktischen mit dem Phantastischen. Seine Romane sind Alltagsgeschichten von hoher Komplexität, verwirrend wie das Leben, aber doch einfach wie die Energieformel von Einstein. „Hoffmans Hunger“ ist ein Thriller, ein philosophisches Traktat, ein jüdisches Melodram, eine traurige Familiengeschichte und eine Betrach¬tung über das 20.?Jahrhundert mit allen seinen Unfällen und Grausamkeiten. „Dieses Jahrhundert muss weg“, sagt Hoffman ganz am Ende, „ich will es sterben sehen. Das ist die einzige Art, es ihm noch ein bisschen heimzuzahlen. Wir haben es überlebt, und jetzt wollen wir es auch begraben.“ Kritiker halten „Hoffmans Hunger“ für de Winters bestes Buch. Er selbst möchte sich nicht festlegen. „Natürlich ist es ein gutes Buch, es ist sogar ein exzellentes Buch. Aber mein bestes Buch ist es nicht. Es ist nicht besser als ‚Sokolows Universum´ oder ‚Zionoco´ und nicht schlechter als ‚SuperTex´ oder ‚Malibu´. Ich bin erst 52, und ich fange grade an. Das beste Buch ist das, an dem ich gerade schreibe.“ Senta, der Labrador, ist aufgewacht. Teigetje und Knorr verlassen die Küche durch die Türklappe. De Winters Kinder schauen sich gemeinsam Video-Clips auf MTV an. Das Radio meldet, Rita Verdonk denke nicht daran zurückzutreten, im Fernsehen kommt lautlos ein Tief über den Niederlanden an. Leon de Winter legt eine Pause ein. So viel Stille macht ihn nervös. Nachwort von Henryk M. Broder zu Hoffmans Hunger. 1999. 420g, Taschenbucherstausgabe, Internationaler Versand, Offene Rechnung, PayPal, Selbstabholung und Barzahlung, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten).
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9783257228311 - Winter, Léon de: Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831). Taschenbucherstausgabe
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Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831). Taschenbucherstausgabe (1999)

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Taschenbucherstausgabe 406 (8) Seiten. 18 cm. UmschlagIllustration: Max Beckmann "Quappi in Grau". Taschenbuch. Kartoniert. Sehr guter Zustand. Vorsatz mit Namensausschnitt. - Der Spiegel Leon, der Zwitter Leon de Winter sitzt in der Küche seines Hauses, hinter ihm läuft tonlos das Fernsehen, aus dem Radio vor ihm kommt Musik. Zu seinen Füßen schnarcht Senta, ein vier Monate alter Labrador, links und rechts neben Leon liegen Teigetje und Knorr, die Katzen. Aus dem Wohnzimmer gegenüber hört man lautstark seinen Sohn und seine Tochter, die sich nicht einigen können, welches Fernsehprogramm sie sehen wollen. „Ich kann nur so arbeiten“, sagt de Winter, „Stille macht mich verrückt, ich muss Leben um mich haben.“ Eigentlich müsste de Winter an seinem neuen Roman arbeiten, aber er kommt nicht dazu. Es ist zu viel los, das ihn umtreibt. Er schreibt eine wöchentliche Kolumne für das Nachrichtenmagazin „Elsevier“, und wenn eine Geschichte keinen Aufschub duldet, dann erscheint sie in „De Volkskrant“, einer linksliberalen Tageszeitung. De Winter weiß, dass er nicht nur gelesen, sondern auch ernst genommen wird. Als Ayaan Hirsi Ali, die aus Somalia stammende Abgeordnete, von der für Einwanderung und Integration zuständigen Ministerin Rita Verdonk ausgebürgert wurde, weil sie vor neun Jahren bei ihrer Einbürgerung ein wenig geschummelt und den Namen ihres Großvaters Ali als Familiennamen angegeben hatte, da setzte sich de Winter mit aller Kraft für die „schwarze Voltaire“ ein und griff die Ministerin als kleinlich, herzlos und hemmungslos populistisch an. „Sie wollte ein Exempel statuieren.“ Als Verdonk innerhalb einer Woche unter Druck des Parlaments und der Öffentlichkeit zurückruderte, da forderte de Winter den Rücktritt der Ministerin, die sich als inkompetent und überfordert erwiesen habe, „eine Gefahr für die Verfassung und die Demokratie“. Leon de Winter ist ein Zwitter. Geht es um aktuelle Fragen, agiert und reagiert er sofort. Für seine literarischen Arbeiten nimmt er sich dagegen Zeit, viel Zeit. An „Hoffmans Hunger“ hat er über zehn Jahre gearbeitet, nicht ununterbrochen, aber kontinuierlich. Den Anstoß zu dem Roman gab ein Artikel, den er 1980 in der „Zeit“ gelesen hatte: über Eltern, die Kinder verloren haben. Zugleich war da noch eine andere Idee, über einen „professionellen Außenseiter“, einen Mann, der sich nirgendwo wohl fühlt, der an keinem Ort lange bleiben kann, der exzessiv lebt und leidet, seit er zwei Kinder verloren hat – eine Tochter durch Krankheit, die andere durch Selbstmord. „Das klingt nicht wie der Plot für eine Komödie, ich wollte einen Thriller schreiben.“ Aber da war er erst 26 Jahre alt und „noch nicht reif für ein großes Werk“. Also schrieb er, so¬zusagen als Übung, einen kleinen Roman über ein katholisch-protestantisches Liebespaar in Nordirland, „Zoeken naar Eileen W.“, der noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. „Es ist mein einziges Buch ohne eine jüdische Thematik und ohne jüdische Charaktere.“ Sonst ist de Winters Personal jüdisch, und das hat einen einfachen Grund: „Ich bin Jude, also schreibe ich über Juden, wäre ich ein Pferd, würde ich über Pferde schreiben.“ Nach „Eileen“ schrieb de Winter eine Erzählung, „La place de la Bastille“, anschließend den Roman „Leo Kaplan“. Dann fühlte er sich „reif genug“, um „Hoffman“ anzugehen. „Der Titel stand von Anfang an fest, ich liebe Alliterationen.“ Zudem klang „Hoffmans Hunger“ wie der Name einer Krankheit, wie Parkinson’s oder Alzheimer’s Disease. „Ich wollte einen Mann beschreiben, der voller Wut auf die ganze Welt ist, der sich mit Gott anlegen würde, wenn es einen gäbe.“ De Winter ernannte Hoffman zu einem Berufsdiplomaten am Ende seiner Laufbahn, der für seine treuen Dienste mit einem Botschafterjob belohnt werden sollte, in Prag, „das damals ein vollkommen unwichtiger Posten war“. Hoffman trifft im Frühjahr 1989 in Prag ein, ohne zu ah¬nen, wie schnell und radikal sich die politische Situation ändern würde. Wie alle westlichen Diplomaten im Ostblock nimmt er Kontakt zu Dissidenten auf, besucht Partys und Empfänge, die übliche Routine. Die Tage vergehen schnell, nur die Nächte ziehen sich hin. Hoffman kann nicht schlafen, er findet ein Buch von Baruch de Spinoza, das ihn in eine ganz andere Welt entführt, und er stopft alles in sich hinein, was der Kühlschrank und die Vorratskammer hergeben, „ein schlafloser Alkoholiker mit chro¬nischem Hunger“. Leon de Winter hat für „Hoffman“ in Prag Material gesammelt, sich dann zum Schreiben nach Santa Monica in Ka¬lifornien zurückgezogen. Und während er über einen an Schlaflosigkeit und Fresssucht leidenden holländisch-jüdi¬schen Diplomaten in Prag fabulierte, der sich die Nächte mit der Lektüre von Spinoza vertrieb, öffnete sich der Eiserne Vorhang – nichts war mehr so, wie es vor einem halben Jahr noch auf ewig sicher schien. „Damit hatte ich nicht gerechnet. Was sollte ich tun?“ De Winter schaute beim Schreiben CNN und baute das, was in der Welt passierte, in seine Geschichte ein. So wurde „Hoffmans Hunger“ der erste Roman, der vor dem Hintergrund der Zeitenwende spielt. „Ich glaubte damals, wie Fukuyama und viele andere, an das Ende der Geschichte. Heute wissen wir, wie sehr wir uns getäuscht haben.“ Anfang 1990 kehrte de Winter nach Holland zurück. Die holländische Ausgabe von „Hoffmans Hunger“ erschien im Mai 1990. De Winter war glücklich, er wusste, dass ihm ein Buch gelungen war, „das sich in der Welt behaupten“ würde. Aber er musste einen Preis zahlen, der folgenreicher war als jeder Verriss, den er riskierte. Seine Freundin gab ihm den Laufpass. „Sie sagte, ich würde das Buch mehr lieben als sie. Und sie hatte Recht. Aber ich hatte keine Wahl. Ich musste mich mit Hoffman identifizieren, sonst hätte ich das Buch nicht schreiben können.“ Er habe beim Schreiben geheult und geweint und am Ende nicht mehr gewusst, ob de Winter über Hoffman schreibt oder Hoffman über de Winter. „Ich konnte mich nicht von ihm trennen, ich hätte gerne weitergeschrieben. Ich wollte ihm helfen und ihn trösten. Ich war überwältigt von meiner eigenen Erfindung.“ Der nächste Schlag kam bei der Party, die der Verlag zum Erscheinen des Buches gab. Es wurde Champagner serviert, etwas, das man in Holland nicht tut. „Bei uns trinkt man Wein aus dem Supermarkt und knabbert trockene Kekse. Alles andere ist suspekt.“ Einer der wichtigsten holländischen Kritiker kam auf de Winter zu und sagte: „Ein Buch, das so vorgestellt werden muss, kann kein gutes Buch sein.“ Und so war auch seine Rezension. „Aber die Party war phantastisch.“ Im Gegensatz zu vielen Schriftstellern, die den Wohlstand verachten, schätzt de Winter die Annehmlichkeiten des guten Lebens. „Ich muss nicht in die Gosse steigen, um über die Gosse zu schreiben. Ich ziehe es vor, auf meinem bequemen Sofa zu sitzen und von da über die Gosse zu schreiben.“ Natürlich habe er für „Hoffmans Hunger“ ausgiebig recherchiert, die Orte der Handlung besucht, sich mit Spinoza beschäftigt, mit Berufsdiplomaten gesprochen und Studien über Fresssucht gelesen. Aber wenn die Recherchen beendet sind, kommt es nur noch auf eines an: die Imagination des Dichters. De Winters Stärke liegt in der Synthese des Faktischen mit dem Phantastischen. Seine Romane sind Alltagsgeschichten von hoher Komplexität, verwirrend wie das Leben, aber doch einfach wie die Energieformel von Einstein. „Hoffmans Hunger“ ist ein Thriller, ein philosophisches Traktat, ein jüdisches Melodram, eine traurige Familiengeschichte und eine Betrach¬tung über das 20.?Jahrhundert mit allen seinen Unfällen und Grausamkeiten. „Dieses Jahrhundert muss weg“, sagt Hoffman ganz am Ende, „ich will es sterben sehen. Das ist die einzige Art, es ihm noch ein bisschen heimzuzahlen. Wir haben es überlebt, und jetzt wollen wir es auch begraben.“ Kritiker halten „Hoffmans Hunger“ für de Winters bestes Buch. Er selbst möchte sich nicht festlegen. „Natürlich ist es ein gutes Buch, es ist sogar ein exzellentes Buch. Aber mein bestes Buch ist es nicht. Es ist nicht besser als ‚Sokolows Universum’ oder ‚Zionoco’ und nicht schlechter als ‚SuperTex’ oder ‚Malibu’. Ich bin erst 52, und ich fange grade an. Das beste Buch ist das, an dem ich gerade schreibe.“ Senta, der Labrador, ist aufgewacht. Teigetje und Knorr verlassen die Küche durch die Türklappe. De Winters Kinder schauen sich gemeinsam Video-Clips auf MTV an. Das Radio meldet, Rita Verdonk denke nicht daran zurückzutreten, im Fernsehen kommt lautlos ein Tief über den Niederlanden an. Leon de Winter legt eine Pause ein. So viel Stille macht ihn nervös. Nachwort von Henryk M. Broder zu Hoffmans Hunger. Versand D: 2,60 EUR Wiedervereinigung, Geheimagenten, Spionageromane, Niederländische Literatur des 20. Jahrhunderts, Niederlande, Holländische Literatur, Holland, Angelegt am: 27.03.2021.
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9783257228311 - Winter, Léon de: Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831).
Symbolbild
Winter, Léon de

Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831). (1999)

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Von Händler/Antiquariat, BOUQUINIST, [3086860].
406 (8) Seiten. 18 cm. UmschlagIllustration: Max Beckmann "Quappi in Grau". Taschenbuch. Kartoniert. Sehr guter Zustand. Vorsatz mit Namensausschnitt. - Der Spiegel Leon, der Zwitter Leon de Winter sitzt in der Küche seines Hauses, hinter ihm läuft tonlos das Fernsehen, aus dem Radio vor ihm kommt Musik. Zu seinen Füßen schnarcht Senta, ein vier Monate alter Labrador, links und rechts neben Leon liegen Teigetje und Knorr, die Katzen. Aus dem Wohnzimmer gegenüber hört man lautstark seinen Sohn und seine Tochter, die sich nicht einigen können, welches Fernsehprogramm sie sehen wollen. „Ich kann nur so arbeiten“, sagt de Winter, „Stille macht mich verrückt, ich muss Leben um mich haben.“ Eigentlich müsste de Winter an seinem neuen Roman arbeiten, aber er kommt nicht dazu. Es ist zu viel los, das ihn umtreibt. Er schreibt eine wöchentliche Kolumne für das Nachrichtenmagazin „Elsevier“, und wenn eine Geschichte keinen Aufschub duldet, dann erscheint sie in „De Volkskrant“, einer linksliberalen Tageszeitung. De Winter weiß, dass er nicht nur gelesen, sondern auch ernst genommen wird. Als Ayaan Hirsi Ali, die aus Somalia stammende Abgeordnete, von der für Einwanderung und Integration zuständigen Ministerin Rita Verdonk ausgebürgert wurde, weil sie vor neun Jahren bei ihrer Einbürgerung ein wenig geschummelt und den Namen ihres Großvaters Ali als Familiennamen angegeben hatte, da setzte sich de Winter mit aller Kraft für die „schwarze Voltaire“ ein und griff die Ministerin als kleinlich, herzlos und hemmungslos populistisch an. „Sie wollte ein Exempel statuieren.“ Als Verdonk innerhalb einer Woche unter Druck des Parlaments und der Öffentlichkeit zurückruderte, da forderte de Winter den Rücktritt der Ministerin, die sich als inkompetent und überfordert erwiesen habe, „eine Gefahr für die Verfassung und die Demokratie“. Leon de Winter ist ein Zwitter. Geht es um aktuelle Fragen, agiert und reagiert er sofort. Für seine literarischen Arbeiten nimmt er sich dagegen Zeit, viel Zeit. An „Hoffmans Hunger“ hat er über zehn Jahre gearbeitet, nicht ununterbrochen, aber kontinuierlich. Den Anstoß zu dem Roman gab ein Artikel, den er 1980 in der „Zeit“ gelesen hatte: über Eltern, die Kinder verloren haben. Zugleich war da noch eine andere Idee, über einen „professionellen Außenseiter“, einen Mann, der sich nirgendwo wohl fühlt, der an keinem Ort lange bleiben kann, der exzessiv lebt und leidet, seit er zwei Kinder verloren hat – eine Tochter durch Krankheit, die andere durch Selbstmord. „Das klingt nicht wie der Plot für eine Komödie, ich wollte einen Thriller schreiben.“ Aber da war er erst 26 Jahre alt und „noch nicht reif für ein großes Werk“. Also schrieb er, so¬zusagen als Übung, einen kleinen Roman über ein katholisch-protestantisches Liebespaar in Nordirland, „Zoeken naar Eileen W.“, der noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. „Es ist mein einziges Buch ohne eine jüdische Thematik und ohne jüdische Charaktere.“ Sonst ist de Winters Personal jüdisch, und das hat einen einfachen Grund: „Ich bin Jude, also schreibe ich über Juden, wäre ich ein Pferd, würde ich über Pferde schreiben.“ Nach „Eileen“ schrieb de Winter eine Erzählung, „La place de la Bastille“, anschließend den Roman „Leo Kaplan“. Dann fühlte er sich „reif genug“, um „Hoffman“ anzugehen. „Der Titel stand von Anfang an fest, ich liebe Alliterationen.“ Zudem klang „Hoffmans Hunger“ wie der Name einer Krankheit, wie Parkinson´s oder Alzheimer´s Disease. „Ich wollte einen Mann beschreiben, der voller Wut auf die ganze Welt ist, der sich mit Gott anlegen würde, wenn es einen gäbe.“ De Winter ernannte Hoffman zu einem Berufsdiplomaten am Ende seiner Laufbahn, der für seine treuen Dienste mit einem Botschafterjob belohnt werden sollte, in Prag, „das damals ein vollkommen unwichtiger Posten war“. Hoffman trifft im Frühjahr 1989 in Prag ein, ohne zu ah¬nen, wie schnell und radikal sich die politische Situation ändern würde. Wie alle westlichen Diplomaten im Ostblock nimmt er Kontakt zu Dissidenten auf, besucht Partys und Empfänge, die übliche Routine. Die Tage vergehen schnell, nur die Nächte ziehen sich hin. Hoffman kann nicht schlafen, er findet ein Buch von Baruch de Spinoza, das ihn in eine ganz andere Welt entführt, und er stopft alles in sich hinein, was der Kühlschrank und die Vorratskammer hergeben, „ein schlafloser Alkoholiker mit chro¬nischem Hunger“. Leon de Winter hat für „Hoffman“ in Prag Material gesammelt, sich dann zum Schreiben nach Santa Monica in Ka¬lifornien zurückgezogen. Und während er über einen an Schlaflosigkeit und Fresssucht leidenden holländisch-jüdi¬schen Diplomaten in Prag fabulierte, der sich die Nächte mit der Lektüre von Spinoza vertrieb, öffnete sich der Eiserne Vorhang – nichts war mehr so, wie es vor einem halben Jahr noch auf ewig sicher schien. „Damit hatte ich nicht gerechnet. Was sollte ich tun?“ De Winter schaute beim Schreiben CNN und baute das, was in der Welt passierte, in seine Geschichte ein. So wurde „Hoffmans Hunger“ der erste Roman, der vor dem Hintergrund der Zeitenwende spielt. „Ich glaubte damals, wie Fukuyama und viele andere, an das Ende der Geschichte. Heute wissen wir, wie sehr wir uns getäuscht haben.“ Anfang 1990 kehrte de Winter nach Holland zurück. Die holländische Ausgabe von „Hoffmans Hunger“ erschien im Mai 1990. De Winter war glücklich, er wusste, dass ihm ein Buch gelungen war, „das sich in der Welt behaupten“ würde. Aber er musste einen Preis zahlen, der folgenreicher war als jeder Verriss, den er riskierte. Seine Freundin gab ihm den Laufpass. „Sie sagte, ich würde das Buch mehr lieben als sie. Und sie hatte Recht. Aber ich hatte keine Wahl. Ich musste mich mit Hoffman identifizieren, sonst hätte ich das Buch nicht schreiben können.“ Er habe beim Schreiben geheult und geweint und am Ende nicht mehr gewusst, ob de Winter über Hoffman schreibt oder Hoffman über de Winter. „Ich konnte mich nicht von ihm trennen, ich hätte gerne weitergeschrieben. Ich wollte ihm helfen und ihn trösten. Ich war überwältigt von meiner eigenen Erfindung.“ Der nächste Schlag kam bei der Party, die der Verlag zum Erscheinen des Buches gab. Es wurde Champagner serviert, etwas, das man in Holland nicht tut. „Bei uns trinkt man Wein aus dem Supermarkt und knabbert trockene Kekse. Alles andere ist suspekt.“ Einer der wichtigsten holländischen Kritiker kam auf de Winter zu und sagte: „Ein Buch, das so vorgestellt werden muss, kann kein gutes Buch sein.“ Und so war auch seine Rezension. „Aber die Party war phantastisch.“ Im Gegensatz zu vielen Schriftstellern, die den Wohlstand verachten, schätzt de Winter die Annehmlichkeiten des guten Lebens. „Ich muss nicht in die Gosse steigen, um über die Gosse zu schreiben. Ich ziehe es vor, auf meinem bequemen Sofa zu sitzen und von da über die Gosse zu schreiben.“ Natürlich habe er für „Hoffmans Hunger“ ausgiebig recherchiert, die Orte der Handlung besucht, sich mit Spinoza beschäftigt, mit Berufsdiplomaten gesprochen und Studien über Fresssucht gelesen. Aber wenn die Recherchen beendet sind, kommt es nur noch auf eines an: die Imagination des Dichters. De Winters Stärke liegt in der Synthese des Faktischen mit dem Phantastischen. Seine Romane sind Alltagsgeschichten von hoher Komplexität, verwirrend wie das Leben, aber doch einfach wie die Energieformel von Einstein. „Hoffmans Hunger“ ist ein Thriller, ein philosophisches Traktat, ein jüdisches Melodram, eine traurige Familiengeschichte und eine Betrach¬tung über das 20.?Jahrhundert mit allen seinen Unfällen und Grausamkeiten. „Dieses Jahrhundert muss weg“, sagt Hoffman ganz am Ende, „ich will es sterben sehen. Das ist die einzige Art, es ihm noch ein bisschen heimzuzahlen. Wir haben es überlebt, und jetzt wollen wir es auch begraben.“ Kritiker halten „Hoffmans Hunger“ für de Winters bestes Buch. Er selbst möchte sich nicht festlegen. „Natürlich ist es ein gutes Buch, es ist sogar ein exzellentes Buch. Aber mein bestes Buch ist es nicht. Es ist nicht besser als ‚Sokolows Universum´ oder ‚Zionoco´ und nicht schlechter als ‚SuperTex´ oder ‚Malibu´. Ich bin erst 52, und ich fange grade an. Das beste Buch ist das, an dem ich gerade schreibe.“ Senta, der Labrador, ist aufgewacht. Teigetje und Knorr verlassen die Küche durch die Türklappe. De Winters Kinder schauen sich gemeinsam Video-Clips auf MTV an. Das Radio meldet, Rita Verdonk denke nicht daran zurückzutreten, im Fernsehen kommt lautlos ein Tief über den Niederlanden an. Leon de Winter legt eine Pause ein. So viel Stille macht ihn nervös. Nachwort von Henryk M. Broder zu Hoffmans Hunger. 1999. 420g, Taschenbucherstausgabe, Internationaler Versand, Offene Rechnung, PayPal, Selbstabholung und Barzahlung, Offene Rechnung (Vorkasse vorbehalten).
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9783257228311 - Winter, Léon de: Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831).
Winter, Léon de

Hoffmans Hunger. Aus dem Niederländischen von Sibylle Mulot. - (=Diogenes Taschenbücher, detebe 22831). (1999)

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Von Händler/Antiquariat, BOUQUINIST [1048136], München, BY, Germany.
406 (8) Seiten. 18 cm. UmschlagIllustration: Max Beckmann "Quappi in Grau". Sehr guter Zustand. Vorsatz mit Namensausschnitt. - Der Spiegel Leon, der Zwitter Leon de Winter sitzt in der Küche seines Hauses, hinter ihm läuft tonlos das Fernsehen, aus dem Radio vor ihm kommt Musik. Zu seinen Füßen schnarcht Senta, ein vier Monate alter Labrador, links und rechts neben Leon liegen Teigetje und Knorr, die Katzen. Aus dem Wohnzimmer gegenüber hört man lautstark seinen Sohn und seine Tochter, die sich nicht einigen können, welches Fernsehprogramm sie sehen wollen. „Ich kann nur so arbeiten", sagt de Winter, „Stille macht mich verrückt, ich muss Leben um mich haben." Eigentlich müsste de Winter an seinem neuen Roman arbeiten, aber er kommt nicht dazu. Es ist zu viel los, das ihn umtreibt. Er schreibt eine wöchentliche Kolumne für das Nachrichtenmagazin „Elsevier", und wenn eine Geschichte keinen Aufschub duldet, dann erscheint sie in „De Volkskrant", einer linksliberalen Tageszeitung. De Winter weiß, dass er nicht nur gelesen, sondern auch ernst genommen wird. Als Ayaan Hirsi Ali, die aus Somalia stammende Abgeordnete, von der für Einwanderung und Integration zuständigen Ministerin Rita Verdonk ausgebürgert wurde, weil sie vor neun Jahren bei ihrer Einbürgerung ein wenig geschummelt und den Namen ihres Großvaters Ali als Familiennamen angegeben hatte, da setzte sich de Winter mit aller Kraft für die „schwarze Voltaire" ein und griff die Ministerin als kleinlich, herzlos und hemmungslos populistisch an. „Sie wollte ein Exempel statuieren." Als Verdonk innerhalb einer Woche unter Druck des Parlaments und der Öffentlichkeit zurückruderte, da forderte de Winter den Rücktritt der Ministerin, die sich als inkompetent und überfordert erwiesen habe, „eine Gefahr für die Verfassung und die Demokratie". Leon de Winter ist ein Zwitter. Geht es um aktuelle Fragen, agiert und reagiert er sofort. Für seine literarischen Arbeiten nimmt er sich dagegen Zeit, viel Zeit. An „Hoffmans Hunger" hat er über zehn Jahre gearbeitet, nicht ununterbrochen, aber kontinuierlich. Den Anstoß zu dem Roman gab ein Artikel, den er 1980 in der „Zeit" gelesen hatte: über Eltern, die Kinder verloren haben. Zugleich war da noch eine andere Idee, über einen „professionellen Außenseiter", einen Mann, der sich nirgendwo wohl fühlt, der an keinem Ort lange bleiben kann, der exzessiv lebt und leidet, seit er zwei Kinder verloren hat – eine Tochter durch Krankheit, die andere durch Selbstmord. „Das klingt nicht wie der Plot für eine Komödie, ich wollte einen Thriller schreiben." Aber da war er erst 26 Jahre alt und „noch nicht reif für ein großes Werk". Also schrieb er, so zusagen als Übung, einen kleinen Roman über ein katholisch-protestantisches Liebespaar in Nordirland, „Zoeken naar Eileen W.", der noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. „Es ist mein einziges Buch ohne eine jüdische Thematik und ohne jüdische Charaktere." Sonst ist de Winters Personal jüdisch, und das hat einen einfachen Grund: „Ich bin Jude, also schreibe ich über Juden, wäre ich ein Pferd, würde ich über Pferde schreiben." Nach „Eileen" schrieb de Winter eine Erzählung, „La place de la Bastille", anschließend den Roman „Leo Kaplan". Dann fühlte er sich „reif genug", um „Hoffman" anzugehen. „Der Titel stand von Anfang an fest, ich liebe Alliterationen." Zudem klang „Hoffmans Hunger" wie der Name einer Krankheit, wie Parkinson´s oder Alzheimer´s Disease. „Ich wollte einen Mann beschreiben, der voller Wut auf die ganze Welt ist, der sich mit Gott anlegen würde, wenn es einen gäbe." De Winter ernannte Hoffman zu einem Berufsdiplomaten am Ende seiner Laufbahn, der für seine treuen Dienste mit einem Botschafterjob belohnt werden sollte, in Prag, „das damals ein vollkommen unwichtiger Posten war". Hoffman trifft im Frühjahr 1989 in Prag ein, ohne zu ah nen, wie schnell und radikal sich die politische Situation ändern würde. Wie alle westlichen Diplomaten im Ostblock nimmt er Kontakt zu Dissidenten auf, besucht Partys und Empfänge, die übliche Routine. Die Tage vergehen schnell, nur die Nächte ziehen sich hin. Hoffman kann nicht schlafen, er findet ein Buch von Baruch de Spinoza, das ihn in eine ganz andere Welt entführt, und er stopft alles in sich hinein, was der Kühlschrank und die Vorratskammer hergeben, „ein schlafloser Alkoholiker mit chro nischem Hunger". Leon de Winter hat für „Hoffman" in Prag Material gesammelt, sich dann zum Schreiben nach Santa Monica in Ka lifornien zurückgezogen. Und während er über einen an Schlaflosigkeit und Fresssucht leidenden holländisch-jüdi schen Diplomaten in Prag fabulierte, der sich die Nächte mit der Lektüre von Spinoza vertrieb, öffnete sich der Eiserne Vorhang – nichts war mehr so, wie es vor einem halben Jahr noch auf ewig sicher schien. „Damit hatte ich nicht gerechnet. Was sollte ich tun?" De Winter schaute beim Schreiben CNN und baute das, was in der Welt passierte, in seine Geschichte ein. So wurde „Hoffmans Hunger" der erste Roman, der vor dem Hintergrund der Zeitenwende spielt. „Ich glaubte damals, wie Fukuyama und viele andere, an das Ende der Geschichte. Heute wissen wir, wie sehr wir uns getäuscht haben." Anfang 1990 kehrte de Winter nach Holland zurück. Die holländische Ausgabe von „Hoffmans Hunger" erschien im Mai 1990. De Winter war glücklich, er wusste, dass ihm ein Buch gelungen war, „das sich in der Welt behaupten" würde. Aber er musste einen Preis zahlen, der folgenreicher war als jeder Verriss, den er riskierte. Seine Freundin gab ihm den Laufpass. „Sie sagte, ich würde das Buch mehr lieben als sie. Und sie hatte Recht. Aber ich hatte keine Wahl. Ich musste mich mit Hoffman identifizieren, sonst hätte ich das Buch nicht schreiben können." Er habe beim Schreiben geheult und geweint und am Ende nicht mehr gewusst, ob de Winter über Hoffman schreibt oder Hoffman über de Winter. „Ich konnte mich nicht von ihm trennen, ich hätte gerne weitergeschrieben. Ich wollte ihm helfen und ihn trösten. Ich war überwältigt, Books.
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9783257228311 - Winter, Leon de: Hoffmans Hunger
Symbolbild
Winter, Leon de

Hoffmans Hunger (1995)

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ISBN: 9783257228311 bzw. 3257228317, in Deutsch, Diogenes, Taschenbuch.

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Taschenbuch. 406 Seiten. SEHR GUTER ZUSTAND. Der Botschafter Hoffman findet keinen Schlaf. Von einem unstillbaren Hunger getrieben verbringt er seine Nächte in der Küche, lesend, sinnierend, essend. In einer spannenden Spionage-Geschichte kreuzen sich die Schicksale dreier Männer: Felix Hoffman, niederländischer Botschafter in Prag, der seinen leiblichen und metaphysischen Hunger mit Essen und Spinoza stillt, Freddy Mancini, Zeuge einer Entführung, John Marks, amerikanischer Ostblockspezialist. Zugleich die Geschichte von Europa 1989, das sich eint und berauscht im Konsum. Ein Rausch, der nur in einem Kater enden kann.
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9783257228311 - Leon de Winter: Hoffmans Hunger
Leon de Winter

Hoffmans Hunger (1995)

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ISBN: 9783257228311 bzw. 3257228317, in Deutsch, 416 Seiten, 18. Ausgabe, Diogenes Verlag, Taschenbuch, gebraucht.

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Von Händler/Antiquariat, buchwurm44.
Der Botschafter Hoffman findet keinen Schlaf. Von einem unstillbaren Hunger getrieben verbringt er seine Nächte in der Küche, lesend, sinnierend, essend... In einer spannenden Spionage-Geschichte kreuzen sich die Schicksale dreier Männer: Felix Hoffman, niederländischer Botschafter in Prag, der seinen leiblichen und metaphysischen Hunger mit Essen und Spinoza stillt, Freddy Mancini, Zeuge einer Entführung, John Marks, amerikanischer Ostblockspezialist. Zugleich die Geschichte von Europa 1989, das sich eint und berauscht im Konsum. Ein Rausch, der nur in einem Kater enden kann. Taschenbuch, Ausgabe: 18., Aufl. Label: Diogenes Verlag, Diogenes Verlag, Produktgruppe: Book, Publiziert: 1995-10, Studio: Diogenes Verlag, Verkaufsrang: 263271.
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