Kleine Verhältnisse. Aus dem Englischen von Brigitte Heinrich.
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Marmin1970, [3654197].
Die Hölle, das sind die anderen, hält Sartre in Huis clos fest und daran ändert sich auch bei geöffneten Parktoren nichts: In Nicola Barkers Roman Kleine Verhältnisse geht ein vierköpfiges Gartenbauteam samt fünftem Rad am Wagen auf groteske Höllenfahrt durch eine wirre und oft grausame Gefühls- und Gedankenlandschaft. Die einst angestellten Gärtner arbeiten seit der Privatisierung als freie Unternehmer, die im Auftrag der Stadt einen kleinen Park in Nord-London unter ihre Spaten und Harken nehmen doch gutes Wirtschaften ist ihre Stärke nicht: Die Mannschaft ist pleite, ihr Manager durchgeknallt, die Grünanlage moribund. Die über Leben oder Tod der Firma entscheidende Sitzung mit der städtischen Verwaltung droht daher zum Fiasko zu werden. Kleine Verhältnisse verfolgt die spannungsgeladenen 48 Stunden vor dieser Zitterpartie und die Zeit danach aus der Sicht des schüchternen, fast schon autistischen Phil, der sich am liebsten in seiner Pflanzenwelt verbirgt.Ray und ich sind schleimige, wässrige Geschöpfe, die noch auf den Wellen reiten, beurteilt der gehemmte Gärtner sich selbst und seinen Arbeitskollegen, aber Doug ist bereits ans Ufer geklettert. Doug ist der Manager, Macher, Maestro und Napoleon des Parks, den alle fürchten und verehren ein kompromissloser Herrscher über Hahnenfuss und Zwiebeln, über Phil, über den verträumten, fetten Ray, die flachbrüstige, einäugige Nancy, Unglücksfahrerin des klapprigen Firmenwagens, und sogar über die einbeinige, bitterböse, zuckersüsse Saleem, die ehemalige Kuratorin des abgebrannten TudorMuseums, dessen Ruinen ebenso zum Park gehören wie das Haus, das sie nach dem Brand besetzt hat.Alles ist klein in Kleine Verhältnisse: Es geht um kleine Leute mit kleinen Reibereien, kleinem Horizont, kleinen Schönheitsfehlern. Alles ist gross: Die Reibereien wachsen sich zu handfesten Attacken aus, zu Erpressung, Vergiftung und Vergewaltigungsversuchen im kleinen Horizont haben Flucht- und Allmachtsphantasien Platz, raffinierte Intrigen und radikale Befreiungsschläge die ramponierten Fassaden zerbröseln vollends durch stahlharte Streicheleinheiten, Nasenstüber und Besäufnisse. Seit im disziplinierten Romantiker Doug der faschistoide, verrückt-visionäre Gartenarchitekt zum Durchbruch gekommen ist, der das Ganze gross, perfekt, sauber, wahr will, gleicht das Biotop der Handvoll gesellschaftlicher Aussenseiter einer grünen Hölle (eine Parodie auf den idyllischen locus amoenus war der Park immer).Dass etwas faul ist im Staate Dougs muss sich endlich, nach unbarmherziger Manipulation durch Saleem, auch der scheue Phil eingestehen. Als Slapstick-Opfer und Schüler Ionescoscher Unterrichtsstunden lernt er, die Verhältnisse zu durchschauen, reift zum halben Hamlet heran, probt Auftritte, wird wehrhaft: Ich möchte bitte ein Päckchen extrakleiner Kondome, verlangt er errötend in einer Apotheke. In einem weiteren Anlauf, Peinlichkeit zu praktizieren, bittet er um Tampons für seine Mutter und macht sich so Mut für seine nahezu unerfüllbare Mission: die Rettung des Vertrags für den geliebten Park und damit der Visionen des genausosehr, wenn auch angstvoll geliebten Übervaters.Trocken und temporeich führt uns Barker durch die turbulenten Tage, konzis zerlegt sie das Chaos in eine Kette kleiner Katastrophen, die wir mit Phil erst allmählich zu verstehen beginnen. In einer absurden Polonaise läuft er vermeintlich vorwärts, experimentiert mit Pananimismus, erkennt schliesslich, dass die meisten etwas besitzen wollen, und seien es nur small holdings um sich dann dem Park und Doug, dem teuflischen Gott, dem göttlichen Teufel, zu weihen: Doug was God and God was doG and evil was dEvil [. . .]. (Hier kapituliert die Übersetzerin charmanterweise.) Die alte englische Tradition des amüsierten Lippenkräuselns beim Aussprechen gewichtiger Worte, die andere Jungautoren wie z. B. Tibor Fischer ähnlich fortführen, gibt auch den Kleinen Verhältnissen Pfiff und Form. In karnevalesken Fratzen erzählt der Text die alte Geschichte von Zeugung und Zerstörung, Grausamkeit und Güte, Hass und Hilfsbereitschaft, Liebe und sadistischer Lust als untrennbaren Tänzern im Endloswalzer des Lebens und verrät zugleich etwas über das Überleben im neoliberalen Inselreich.Wäre es beim modifizierten Rabelaisschen Modell, gewissermassen bei einer Miniaturgroteske mit ironischen, individualisierenden Porträtstudien geblieben, hätte man die gelegentlich etwas aufdringlichen poetisierenden Ausrutscher Phils überlesen. Leider aber wird das Leitmotiv der Zweideutigkeit und der zyklischen Wiederkehr aller Dinge, einem New-Age-Usus getreu, fernöstlich aufgeladen. So blitzt denn in den gnomenhaften Gestalten, im perfid pikaresken Plot, in den Wortspielen nicht nur unbemühter britischer Spott auf, sondern es schillert von buddhistischer Weisheit. Ein Teil des Universums und dennoch ganz und gar er selbst. Im Fluss: Wu, der Tai-Chi-Adept, fasziniert Phil und Doug, denn er hat es geschafft.Um dieser Philosophie strukturell Genüge zu tun, spannt die Autorin die Kapitel Mittwoch, Donnerstag, Freitag durch die Erzählperspektive bereits reichlich mit antilinearen Rückblicken, Reflexionen und Binnengeschichten versehen in einen Rahmen: Die dort Zitierten, Shan-hui und Lieh-tzu, freuen sich (wie zu erwarten) an Paradoxa und Persönlichkeitsauflösung und verwandeln die freche, flott erzählte, intelligente Version einer subjektiven Höllenfahrt samt Höhenflug in ein mystifiziertes Möbius-Band. Die Aguirre-Karikatur Doug, das gesamte groteske Maskenspiel verlieren durch diesen Ernst an Ernst. Dennoch aber ist es sehr zu begrüssen, dass die auf Grund der Originalität und Eleganz ihres Erzählungsbandes Love your enemies und ihres Romanerstlings Reversed Forecast in England längst geschätzte dreissigjährige Schriftstellerin mit der Übersetzung ihrer jüngeren, noch gewandteren Schöpfung Small Holdings nun auch der deutschsprachigen Leserschaft bekannt gemacht wird. Pappe.

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Leipziger Antiquariat e.K. [2313397].
1. Auflage, 8. 20,5 x 12,5 cm. 188 Seiten, übersetzt von Heinrich, Brigitte aus dem Englischen,In gutem Zustand. Umschlag leicht berieben und mit kleineren Flecken. Hardcover in Pappband, mit Schutzumschlag.

Von Händler/Antiquariat, Antiquariat Wolfgang Rüger [2895460], Frankfurt am Main, Germany.
DEA, Frankfurt/Main, Suhrkamp 1997, 189 S., OPbd. m. OU., sehr gut erhalten.

Von Händler/Antiquariat, Buchspeicher Patrick Wellmann [3217435], Hamburg, Germany.
Sehr guter Zustand Sprache: Deutsch Aufl. 1997. Hardcover Sehr guter Umschlag.

Von Händler/Antiquariat, Better World Books [51315977], Mishawaka, IN, U.S.A.
Shows some signs of wear, and may have some markings on the inside.