von 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 war die Ver
8 Angebote vergleichen

Preise20162017202020222023
Schnitt 159,98 102,41 102,61 100,22 98,34
Nachfrage
Bester Preis: 28,50 (vom 18.01.2014)
1
9783608919424 - Theodore Ziolkowski (Autor): Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Ver
Theodore Ziolkowski (Autor)

Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Ver (1998)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland DE HC US

ISBN: 9783608919424 bzw. 3608919422, in Deutsch, Klett-Cotta, Stuttgart, gebundenes Buch, gebraucht.

188,15 + Versand: 6,95 = 195,10
unverbindlich
Von Händler/Antiquariat, Buchservice Lars Lutzer [53994756], Bad Segeberg, Germany.
Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesung***pektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft.
2
9783608919424 - Theodore Ziolkowski (Autor): Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschicht
Symbolbild
Theodore Ziolkowski (Autor)

Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschicht (1998)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland ~DE HC

ISBN: 9783608919424 bzw. 3608919422, vermutlich in Deutsch, Klett-Cotta, gebundenes Buch.

85,91 ($ 92,57)¹ + Versand: 7,03 ($ 7,58)¹ = 92,94 ($ 100,15)¹
unverbindlich
Lieferung aus: Deutschland, Versandkosten nach: DEU.
Von Händler/Antiquariat, BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH.
Klett-Cotta, 1998. 1998. Hardcover. 21,2 x 13,4 x 3,2 cm. Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte.
3
9783608919424 - Theodore Ziolkowski (Autor): Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschicht
Symbolbild
Theodore Ziolkowski (Autor)

Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschicht (1998)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland ~DE HC

ISBN: 9783608919424 bzw. 3608919422, vermutlich in Deutsch, Klett-Cotta, gebundenes Buch.

100,22 ($ 98,79)¹ + Versand: 7,04 ($ 6,94)¹ = 107,26 ($ 105,73)¹
unverbindlich
Lieferung aus: Deutschland, Versandkosten nach: DEU.
Von Händler/Antiquariat, BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH.
Klett-Cotta, 1998. 1998. Hardcover. 21,2 x 13,4 x 3,2 cm. Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte.
4
9783608919424 - Theodore Ziolkowski (Autor): Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschicht
Symbolbild
Theodore Ziolkowski (Autor)

Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschicht (1998)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland ~DE HC

ISBN: 9783608919424 bzw. 3608919422, vermutlich in Deutsch, Klett-Cotta, gebundenes Buch.

98,34 ($ 106,34)¹ + Versand: 7,13 ($ 7,71)¹ = 105,47 ($ 114,05)¹
unverbindlich
Lieferung aus: Deutschland, Versandkosten nach: DEU.
Von Händler/Antiquariat, BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH.
Klett-Cotta, 1998. 1998. Hardcover. 21,2 x 13,4 x 3,2 cm. Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte.
5
9783608919424 - Theodore Ziolkowski (Autor): Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschich
Symbolbild
Theodore Ziolkowski (Autor)

Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschich (1998)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland ~DE HC

ISBN: 9783608919424 bzw. 3608919422, vermutlich in Deutsch, Klett-Cotta, gebundenes Buch.

102,46 ($ 115,16)¹ + Versand: 7,13 ($ 8,01)¹ = 109,59 ($ 123,17)¹
unverbindlich
Lieferung aus: Deutschland, Versandkosten nach: DEU.
Von Händler/Antiquariat, BOOK-SERVICE Lars Lutzer - ANTIQUARIAN BOOKS - LITERATURE SEARCH *** BOOKSERVICE *** ANTIQUARIAN RESEARCH.
Klett-Cotta, 1998. 1998. Hardcover. 21,2 x 13,4 x 3,2 cm. Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte.
6
9783608919424 - Theodore Ziolkowski (Autor): Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Ver
Symbolbild
Theodore Ziolkowski (Autor)

Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Ver (1998)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland DE

ISBN: 9783608919424 bzw. 3608919422, in Deutsch, Klett-Cotta.

197,99 ($ 218,15)¹ + Versand: 7,17 ($ 7,90)¹ = 205,16 ($ 226,05)¹
unverbindlich
Lieferung aus: Deutschland, Versandkosten nach: DEU.
Von Händler/Antiquariat, Lars Lutzer.
Stuttgart: Klett-Cotta, 1998. 1998. Hardcover. 21,2 x 13,4 x 3,2 cm. Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesung***pektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesung***pektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95.
7
9783608919424 - Theodore Ziolkowski (Autor): Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Ver
Symbolbild
Theodore Ziolkowski (Autor)

Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Ver (1998)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland DE HC

ISBN: 9783608919424 bzw. 3608919422, in Deutsch, Klett-Cotta, gebundenes Buch.

200,22 ($ 228,30)¹ + Versand: 7,10 ($ 8,10)¹ = 207,32 ($ 236,40)¹
unverbindlich
Lieferung aus: Deutschland, Versandkosten nach: DEU.
Von Händler/Antiquariat, Lars Lutzer.
Stuttgart: Klett-Cotta, 1998. 1998. Hardcover. 21,2 x 13,4 x 3,2 cm. Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesungsexpektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war'S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95.
8
3608919422 - Theodore Ziolkowski (Autor): Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Ver
Symbolbild
Theodore Ziolkowski (Autor)

Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Ver (1998)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland DE

ISBN: 3608919422 bzw. 9783608919424, in Deutsch, Stuttgart Klett-Cotta.

191,90 + Versand: 6,95 = 198,85
unverbindlich
Lieferung aus: Deutschland, Versandkosten in die BRD.
Von Händler/Antiquariat, Buchservice-Lars-Lutzer, 23795 Bad Segeberg.
1998 Hardcover 354 S. 21,2 x 13,4 x 3,2 cm Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesung***pektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war`S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95 Versand D: 6,95 EUR Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Kultur Künste Historiker Neuzeit bis 1918 Jena war die Versuchsstation der deutscheJena war die Versuchsstation der deutschen Klassik. Was dort Jahre später zur Blüte gelangte, war hier schon im Keim angelegt. Fichte propagierte eine Moral der Gelehrten, Schiller konzipierte sein Programm einer ästhetischen Erziehung, Goethe steckte die Grenzen einer aufgeklärten politischen Vernunft ab, Humboldt widmete sich der Bildung als Beruf und Hölderlin schuf die Vorformen des kündenden Dichters. In diesem einen Jahr in Jena schmolzen unterschiedliche Interessen zusammen. Als das Jahr um war, alle ihrer Wege gingen und Ruhe wieder einkehrte , war der Grundstock der deutschen Klassik gelegt.Theodore Ziolkowskis «Wunderjahr in Jena» Das Jenaer Glaserhandwerk brauchte sich seit der Jahreswende 1794/95 über Mangel an Arbeit nicht zu beklagen. Zumal die Studenten taten sich konsequent mit Arbeitsbeschaffungsmassnahmen hervor. Gleich dreimal im Abstand von zwei Monaten warfen sie zum Beispiel Johann Gottlieb Fichte die Fenster ein.Anfangs hatten sie dem frisch an die berühmte Jenaer Universität, die «Solana», berufenen Philosophen lauthals ihr «Vivat!» entgegengerufen. Er, der ohne Scheu vor Konflikten mit Thron und Altar die Urteile des Publikums über die Französische Revolution berichtigt und die Denkfreiheit von den Fürsten Europens zurückgefordert hatte, war mit seinem jugendlich-forschen Auftreten, seiner begeisternden Rhetorik – weniger mit seiner komplizierten «Wissenschaftslehre» – ihr Mann. Die wichtigste, abseits der traditionellen «Studentenorden» neugegründete «Litterärische Gesellschaft», die «Gesellschaft der freien Männer», war von ihm inspiriert. Wer wirklich studieren wollte, bekam bei ihm zu tun. Selbst die Sabbatruhe schonte er nicht.Doch dann war aus dem «Vivat!» ein «Pereat!» geworden. Vor allem die Verbindung der «Unitisten», die Fichte überraschenderweise der intriganten Komplizenschaft mit der Universitätsleitung verdächtigten, rückte ihm zu Leibe. Und man unterschätze heute nicht, was damals eine rechtschaffene Studentenunruhe war. Gegebenenfalls schlugen die empörten Fensterstürmer alles kurz und klein. Verwüstungen bis hin zu Raub und Plünderungen, Auseinandersetzungen mit dem regulären Militär bis hin zu Schiessereien kamen durchaus vor. Keine leichte Aufgabe, die sich der selbsternannte Meisterdenker mit seinen Vorlesung***pektorationen über die Bestimmung des Gelehrten zwecks allseitiger Versittlichung gesetzt hatte.Der Minister Goethe freilich, alle paar Tage von Weimar nach Jena reisend und eigentlich sehr auf den Erhalt von Recht, Ordnung und Sitte bedacht, konnte sich einen sarkastischen Kommentar zum Philosophen-Geschick nicht verkneifen, zugegebenermassen ein eher handgreiflich-plattes «argumentum ad hominem»«Sie haben also das absolute Ich in grosser Verlegenheit gesehen und freylich ist es von den Nicht Ichs, die man doch gesetzt hat, sehr unhöflich durch die Scheiben zu fliegen.» Da war gleichsam die Parodie auf die sublime idealistische Realitäts-Überfliegerei.Wahrhaftig, ein Jenaer «Wunderjahr» war`S. So will es jedenfalls das Buch des in Princeton lehrenden Theodore Ziolkowski. Schwerlich wird man ihm widersprechen können, obwohl es auch andernorts, in Tübingen, Heidelberg, Berlin, Weimar, «in illo tempore» mancherlei wunderbare Jahre gab. Allerorten gärte es unablässig. Keiner der reichlich vorhandenen kreativen Geister, der die Welt nicht erst einmal aus den Angeln gehoben hätte, bevor er sie, den alten Verhältnissen nicht gar so fern, wieder zusammensetzte. Fichte, die «Seele von Jena», Schiller, Wilhelm von Humboldt, Hölderlin und die nicht nur libidinös zukunftweisende Sophie von Mereau trafen hier nebst dem heranreisenden Goethe und einigen Nebensonnen zusammen.Grund genug, einmal statt der üblichen diachronen Geschichte einen synchronen Querschnitt, fokussiert auf wechselseitige Anregungen, koproduktive Harmonien und nicht weniger produktive Dissonanzen, zu versuchen. Und in der Tat fällt so auf die Symbiose von Geist und Gesellschaft im allgemeinen, auf Goethes «Märchen», Schillers «Spaziergang», Hölderlins «Hyperion» und «Empedokles», Sophie von Mereaus «Blüthenalter der Empfindung» im besonderen mancherlei, vor allem lokalgeschichtliches Licht.Ein wirkliches Wechselspiel will sich indes nicht so recht ergeben. Innerhalb des synchronen Rahmens nimmt der Erzähler, meistens ein prätentionsloser Nacherzähler ohne weitergehenden interpretatorischen Ehrgeiz, doch wieder eher zu diachronen Einzelgeschichten seine Zuflucht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlt es an grösserer Reibungsenergie. Einen Campus-Roman à la David Lodge oder Dietrich Schwanitz, mit dem Ziolkowski en passant liebäugelt, um sich freilich alsbald nüchterneren Zielen zuzuwenden, darf man von dem Buch nicht erwarten.Auch die Synchronie hat es offenbar schwer, in die Disparatheit der Geschichten einen erhellenden Zusammenhang zu bringen. Auch der akademische Roman des Nebeneinander ist nicht einfach zu schreiben. Die literaturgeschichtliche Annalistik hatte zwar gegenüber dem imaginären Gänsemarsch der Epochen den Vorzug, gerade diese Disparatheit anschaulich zu machenWieland trifft Bonaventura! Aber damit hatte es auch sein Bewenden. Der annalistischen «Topistik» – man verzeihe die Neutönerei – kann es kaum anders ergehen. Theodore Ziolkowski, geboren 1932, lehrt deutsche und allgemeine Literaturwissenschaft an der Princeton University und ist seit 1979 Dekan der Graduiertenfakultät an dieser Universität. Sprache deutsch Einbandart Pappe Geschichte Historiker Neuzeit bis 1918 Jenaer Geschichte GeistesGeschichte KulturGeschichte Jena Kultur Künste ISBN-10 3-608-91942-2 / 3608919422 ISBN-13 978-3-608-91942-4 / 9783608919424 Das Wunderjahr in Jena: Geist und Gesellschaft 1794/95 von Theodore Ziolkowski (Autor) Das Wunderjahr in Jena Geist und Gesellschaft 1794 / 95.
Lade…